Führungswissen: Nichtstun – Kreativitätsturbo für Vielbeschäftigte


Notice: Undefined index: dirname in /var/www/vhosts/isb.de/confident-kirch.212-227-75-84.plesk.page/wp-content/themes/modernize/include/plugin/filosofo-image/filosofo-custom-image-sizes.php on line 135

Notice: Undefined index: extension in /var/www/vhosts/isb.de/confident-kirch.212-227-75-84.plesk.page/wp-content/themes/modernize/include/plugin/filosofo-image/filosofo-custom-image-sizes.php on line 136
Den ganzen Artikel können Sie lesen in Psychologie Heute 05/2015 von: Birgit Schönberger
Wenn du viel zu tun hast – tue am besten mal nichts. So könnte man neue Erkenntnisse von Psychologen und Neurowissenschaftlern zusammenfassen. Sie zeigen: Unser Gehirn braucht Zeiten der absoluten Ruhe. Regelmäßiges Nichtstun ist die Voraussetzung für Kreativität, Selbsterkenntnis und Gesundheit. Die Frage ist nur: Wie geht das – gar nichts tun? Eine Handlungsanweisung:

Der Kognitionswissenschaftler Andrew Smart beruft sich zur Beantwortung dieser Frage auf das default mode network im Gehirn, das im Deutschen meist mit Ruhezustand-Netzwerk übersetzt wird und 2001 von Marcus Raichle, einem Neurowissenschaftler an der Universität in St. Louis, entdeckt wurde. Dieses Netzwerk ist hochaktiv, wenn wir nichts tun. Die überraschend intensive Gehirntätigkeit, die auftritt, wenn wir untätig sind, wurde durch Zufall entdeckt, als Probanden bei Experimenten mit bildgebenden Verfahren einfach nur in den MRT-Geräten lagen und vor sich hinträumten. Andrew Smart geht davon aus, dass das default mode network auch aktiv ist, wenn wir uns nicht an einem von außen auferlegten Zeitplan orientieren, unserem eigenen Rhythmus folgen und die Gedanken zu allem wandern lassen, was gerade ins Bewusstsein dringt.

Der Berliner Mediziner Andreas Horn hat drei Jahre lang am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung die Arbeitsweise dieses Ruhenetzwerks untersucht. Gemeinsam mit anderen Forschern analysierte er in Kooperation mit der Freien Universität Berlin und dem Universitätsklinikum Freiburg erstmals gleichzeitig 1,6 Milliarden Verbindungen innerhalb des Gehirns. „Wenn wir untätig sind und gerade keinen äußeren Einflüssen ausgesetzt, ist das default mode network aktiv“, erklärt Horn. „Dann fangen wir unbewusst an, uns Fragen zu stellen. Wir denken über Vergangenes nach, reflektieren noch einmal schwierige Situationen oder stellen uns die Zukunft vor.“ Wie ein Autopilot wird das Netzwerk aktiv, wenn wir uns Tagträumen hingeben, faul im Gras liegen und dösen oder bei der Arbeit aus dem Fenster starren. Auch beim Meditieren ist das Ruhenetzwerk höchst aktiv.
„Unsere Studienergebnisse geben Hinweise darauf, dass der strukturelle Aufbau des Gehirns dafür sorgt, dass es sich automatisch in einen sinnvollen Zustand fährt, solange es nicht für andere Tätigkeiten gebraucht wird“, sagt Andreas Horn. Von ihren Erkenntnissen erhoffen sich die Forscher, die Gehirnfunktion von Gesunden, aber auch die Entstehung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder psychiatrischen Krankheiten wie der Schizophrenie besser zu verstehen. Andreas Horn sieht sich als Grundlagenforscher. Aus den Erkenntnissen über den Aufbau des Netzwerks will er keine direkten Empfehlungen für den Alltag ableiten.
Andrew Smart hingegen interessiert sich vor allem dafür, wie Ruhephasen die natürliche Neigung des Gehirns verstärken, Empfindungen und Erinnerungen zu neuen Ideen zu verknüpfen. „Denken Sie daran, dass Ihr default mode network sich schlafen legt, solange Sie Ihre To-do-Listen checken, sicherstellen, dass Sie eine Rechnung beglichen haben, produktiv arbeiten oder Ihre Zeitmanagementfähigkeiten verbessern.“
Es spricht also einiges dafür, dass Mußezeiten kein Luxus, sondern eine pure Notwendigkeit sind, nicht nur um im Gleichgewicht zu bleiben, sondern auch um ohne Umwege das Richtige zu tun. Nur wenn wir regelmäßig Pausen machen, die Gedanken schweifen lassen, uns Tagträume erlauben, meditieren oder einfach dösen, sind wir in der Lage, uns von den vielen Eindrücken zu erholen. Nur dann können wir das, was wir erleben, verarbeiten und die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Nur wenn wir nichts tun, trennen sich die unwesentlichen Gedanken von den wesentlichen, und wenn wir noch tiefer gehen, betreten wir den Raum jenseits des Denkens. Dann wird es spannend. „Brachzeiten“ nennt die Zenmeisterin Anna Gamma diese konzentrierten Momente der Muße. Pflegen wir sie nicht gebührend, so verlieren wir den Kontakt zu uns, wissen nicht mehr, was wir wirklich wollen, und stürzen uns kopflos in Aktivitäten. Wir sollten also schleunigst damit anfangen, nichts zu tun. Am besten sofort.
Viel Spass dabei!