Ein kurzer Rat zum Jahreswechsel; Wir sollten uns nur das Wichtige, Unaufschiebbare vornehmen – (und das ist ziemlich wenig!), der Rest kann warten – es kommt sowieso immer noch genug dazwischen – und anders, als man gedacht hat!
(Norbert Hildebrandt)
Was tun, wenn man vor einem unentwirrbaren Riesendurcheinander, einem Tohuwabohu steht? Am besten, man macht eine kurze, übersichtliche und einfache Liste. Zum Beispiel so:
• Montag: Licht installieren
• Dienstag: Himmel und Erde trennen
• Mittwoch: Die Erde bepflanzen
• Donnerstag: Sterne an den Himmel setzen
• Freitag: Fische und Vögel erschaffen
• Samstag: Weitere Tiere und den Menschen erschaffen
• Sonntag: Ruhetag, relaxen.
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Psychologie Heute 02 / 2012 von: Heiko Ernst
Am Anfang war die To-do-Liste, und die Liste war von Gott und bei Gott. Und siehe, es war alles gut geraten!
Wer in seinem persönlichen Kosmos Ordnung schaffen will, wer große Ziele verfolgt oder einfach tagtäglich eine Menge Dinge erledigen muss, folgt am besten dem göttlichen Vorbild und macht sich eine Liste. Eine Liste hilft, die Aufgaben zu priorisieren (das Wichtigste zuerst – erst Licht, dann Pflanzen!) und in machbare Einheiten zu zerlegen. So kriegen wir etwas buchstäblich „auf die Reihe“, und am Ende können wir jeden Punkt abhaken. Leider klappt der Teil mit dem Entspannen bei uns Sterblichen immer weniger.
Untersuchungen zeigen, dass die Bewohner der westlichen Länder bei kürzerem Nachdenken durchschnittlich auf 15 Dinge kommen, die sie zu erledigen haben. Das ist schon mal mehr als das Doppelte der göttlichen Liste. Unser Problem: Kaum ist eine To-do-Liste teilweise oder sogar ganz abgearbeitet, wachsen neue Items oder völlig neue Listen nach. Anders als Jehova werden wir nie wirklich fertig. Je länger eine Liste, desto mehr bleibt unerledigt, es kommt mental „auf Wiedervorlage“. Und wird vielleicht doch nie abgearbeitet. Listen verströmen auch etwas Lähmendes. Fast alles, was erledigt werden muss, erfordert Energie, Konzentration, Entscheidungen – also Willenskraft.
Aber diese Kraft ist eine sehr begrenzte menschliche Ressource, wie wir seit einiger Zeit wissen. Dem amerikanischen Psychologen Roy Baumeister kommt das Verdienst zu, diese lange übersehene Tatsache ins Bewusstsein gerückt zu haben. Mit raffinierten Experimenten konnte er zeigen, dass selbst die Aktivsten und Motiviertesten unter uns bald an die Grenzen ihrer Kraft stoßen (Seite 20). Ein Phänomen, das Baumeister Ego Depletion nennt, ist unser Schicksal: Unser psychischer Akku, die Willenskraft ist schnell leer, viel schneller, als wir glauben. Wir halsen uns einfach zu viel auf. Selbst dann, wenn wir noch gar nichts Besonderes vorhaben, verbrauchen wir schon eine Menge Energie. Das fängt bereits morgens an: Beim Weckerklingeln gleich aufstehen – oder sich noch mal umdrehen? Wie war das mit dem Joggen – ach, es regnet? Im Büro: Blödem Vorschlag zustimmen – oder aufbegehren? Mittagessen: Currywurst mit Pommes – oder Salat? Abends: Fernsehen – oder Weiterbildung? Und so weiter, tagein, tagaus.
Die meisten Menschen kennen das ungute Gefühl, einen Berg Unerledigtes in den nächsten Tag, in die nächste Woche, ins nächste Jahr mitzuschleppen. Und sind unzufrieden mit sich selbst, weil sie mit ihren guten Vorsätzen immer wieder scheitern. Was tun? Sich zusammenreißen, aufraffen, selbst überwinden? Baumeisters paradoxer Befund: Genau das sollten wir vermeiden. Gute Selbstkontrolleure wissen nämlich, dass ihre Fähigkeit, Dinge zu erledigen, begrenzt ist. Und den Vorrat an Kraft, den sie haben, setzen sie möglichst effektiv ein: Wichtiges wird sofort erledigt, und alles, was sie kräfteraubend in Versuchung führen könnte, wird gemieden. Bedeutet: Das Loch im Zahn schnellstens sanieren lassen; das Auto rechtzeitig zur Inspektion bringen; das neue Projekt starten, wenn man noch frisch im Kopf ist; gar nicht erst in das Lokal mit dem All you can eat-Buffet gehen …
Selbstkontrolle ist die Fähigkeit, die Dinge auf die Reihe zu kriegen, bevor sie uns zu schaffen machen und uns in ein Hamsterrad verbannen. Um zur Genesis zurückzukehren: Gott hat noch vor der Schöpfungsliste die Zeit geschaffen. Sie soll verhindern, dass alles gleichzeitig – oder gar nicht – geschieht.